Ein Mosaik für Hannovers Niedersachsenstadion in Südfrankreich!

Dieses Mosaik hätte die Stadionsporthalle am Niedersachsenstadion schmücken sollen. Strahlend bunt ziert es die Fassade des Musée National Fernand Léger im südfranzösischen Biot und wurde am 30. Juli 2015 in Anwesenheit der französischen Ministerin für Kultur und Kommunikation – frisch renoviert und in neuem Glanz – der Öffentlichkeit präsentiert.

Abb. 1: Entwurf eines Mosaiks für die Turnhalle am Niedersachsenstadion von Fernand Léger, 1955 (Stadtarchiv Hannover, 1.NR.6.08.2 Nr. 86)

Im Musée Fernand Léger wird in einer eigenen Ausstellung nun auch mit Dokumenten aus dem Stadtarchiv Hannover die Geschichte dieses Mosaiks rekonstruiert und erzählt, warum das Kunstwerk von Léger nicht in Hannover, sondern in Biot zu bewundern ist.

Im September 1954 wurde das auf Trümmerschutt errichtete Niedersachsenstadion seiner Bestimmung übergeben. Mit über 86 000 Zuschauerplätzen war es damals die zweitgrößte Sportstätte in Deutschland und Symbol für den Aufbauwillen der stark vom Krieg zerstörten Stadt. Das Stadion war das zentrale Element eines weiträumigen und mit zahlreichen weiteren Sportstätten ausgestatteten „Volksportparks“ am Maschsee, der im Wesentlichen vom damaligen Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht (1900-1999) entworfen und durchgesetzt worden war. Mit dieser ambitionierten Anlage sollte Hannover eine Zukunft als Sportstadt von nationaler, ja internationaler Bedeutung gesichert werden. Zur Aufwertung des Ensembles gehörte die Integration des Programms „Kunst am Bau“, gefördert durch staatliche Zuschüsse zur Künstlerförderung und ästhetischen Bereicherung des öffentlichen Raums.

Die der Stadt zugewandte, 30 x 6 Meter große Nordwand der an das Stadion angrenzenden Turnhalle war von Hillebrecht und dem Architekten des Stadions, Heinz Goesmann, für die künstlerische Gestaltung mit Sportmotiven freigehalten worden. Bei der Suche nach einem international bekannten Künstler, der dem ambitionierten Projekt gewachsen war, engagierte sich vor allem der Kunsthistoriker Alfred Hentzen (1903-1985), Kustos der Kestner- Gesellschaft und Leiter des städtischen Kestner-Museums. In die engere Wahl kamen der berühmte Bildhauer Henry Moore (1898-1986) und der ebenfalls international renommierte Maler Fernand Léger (1881-1955). Beide Künstler hatten nach dem Zweiten Weltkrieg bereits in Hannover ausgestellt und wurden angesprochen. Moore sagte aus Zeitnot ab. Léger zeigte Interesse und legte nach einem Besuch in der Stadt Anfang März 1955 erste Entwürfe vor. Skizzen und ein Aquarell Légers sind im Stadtarchiv überliefert. Légers Entwürfe stießen in Hannover nicht auf ungeteilte Begeisterung. Insbesondere Hillebrecht und Oberstadtdirektor Karl Wiechert (1899-1971) konnten sich nicht recht mit der Formensprache des Künstlers für das gewünschte Sportmosaik anfreunden. Im August 1955 verstarb der Künstler überraschend. Damit geriet das Projekt ins Stocken und wurde schließlich 1961 endgültig aufgegeben, nicht zuletzt, weil sich die Stadt Hannover mit Légers Witwe Nadja nicht über die Modalitäten der Realisierung des Entwurfs einigen konnte.

Ein Entwurf für die hannoversche Turnhallenwand wurde von Nadja Léger für die Fassade des 1957 begonnenen Baus des Léger-Museums in Biot zur Verwendung freigegeben. Die Abmessungen und die Fassadenstruktur des Gebäudes hatte man eigens zu diesem Zweck denen der hannoverschen Sporthalle angeglichen.

Die Nordwand der Turnhalle in Hannover blieb dagegen noch einige Jahre nackt. Erst 1962 wurde, vermittelt durch Bernhard Sprengel (1899-1985), ein anderer Künstler für die Gestaltung der Fassade engagiert: der damals in Kunstkreisen durchaus bekannte Hamburger Maler Eduard Bargheer (1901-1979). Auch er hatte schon mehrfach in Hannover ausgestellt. Sprengel besaß mehrere Werke des Künstlers und unterhielt persönliche Kontakte zu ihm. Bargheer hatte schon andere Mosaiken mit Sportmotiven geschaffen, die jedoch deutlich kleiner waren als das in Hannover geplante Mosaik. Schon im Juli 1963 konnte das Mosaik feierlich eingeweiht werden.

Das Werk fand in Hannover keine einhellige Anerkennung; noch immer gab es renommierte Kritiker, die lieber ein großformatiges Werk von Léger im Sportpark gesehen hätten. Das Mosaik überstand zahlreiche Modernisierungen des Stadions und empfing jahrzehntelang sportbegeisterte Menschen auf ihrem Weg zum Fußball und anderen großen Veranstaltungen. Bargheers Werk war zu einem festen Bestandteil des hannoverschen Stadtbildes geworden.

Mit den Überlegungen zu einer Privatisierung und umfassenden Modernisierung des Stadions seit Ende der 1990er Jahre geriet das Kunstwerk in Gefahr. Im Zuge einer
kompletten Umgestaltung des Komplexes sollte die Turnhalle abtragen werden. Es gelang
der städtischen Denkmalpflege schließlich 2003, das Kunstwerk unter Denkmalschutz stellen
zu lassen. Um den Abriss der Turnhalle zu ermöglichen, musste das Mosaik aber
abgenommen und versetzt werden. Seit 2006 steht es nach seiner Renovierung am
Südeingang des neuen Fußballstadions und kann weiter auf die Besucher wirken.

Dr. Cornelia Regin
Stadtarchiv Hannover

Abb. 2: Nordseite der Turnhalle am Niedersachsenstadion mit dem Mosaik „Der Sport“ von
Eduard Bargheer, ca. 1963
(https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Sport_by_Eduard_Bargheer_1962.jpg)

Der Text erschien bereits als Artikel in der Reihe „hannover historisch“ im
hannoverschen Magazin „STADTKIND“ in Ausgabe 07/2015. Die
Wiederveröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des STADTKIND-
Magazins. Diese Kolumne war betreut worden von Prof. Dr. Carl-Hans Hauptmeyer.

Es geht wieder los!


Am 4. April hieß es noch: „Es tut sich was!“ Das Bild der Hannoverschen U-Bahn-Baustelle verwies auf den Untergrund. Passend dazu: Die Internetseite wurde technisch überarbeitet. „Gebuddelt“ wird immer noch. Aber wir können wieder mit kurzen Berichten zur Geschichte in und um Hannover starten, und zwar zunächst mit Artikeln, die vor einigen Jahren bereits unter „Hannover historisch“ im Magazin Stadtkind zu lesen waren. Hinzukommen sollen alsbald auch Beiträge aus den beteiligten Vereinen oder den Institutionen im Raum Hannover, die zu Themen der Geschichte arbeiten.
Wir starten mit einem Beitrag von Dr. Cornelia Regin, der Direktorin unseres Hannoverschen Stadtarchivs. Sie hatte ein Mosaik für Hannovers Niedersachsenstadion in Südfrankreich entdeckt.
Carl-Hans Hauptmeyer

Es tut sich was!

2014 startete „Hannover historisch…“ Der Veranstaltungskalender wird seither gut genutzt. Inzwischen zeigt er sich in modernerem Gewand. Und alsbald sollen auch die bis November 2017 erschienenen kurzen Berichte zu Themen der Geschichte in und um Hannover weitergeführt werden. Freuen Sie sich darauf! Bis dahin heißt es noch: „Under Construction“.

Carl-Hans Hauptmeyer, 04.04.2024

“Cord-Borgentrick-Stein”

Die Geschichte des Preises “Cord-Borgentrick-Stein”

Im Jahre 1490 rettete der hannoversche Oelschläger Cord Borgentrick die Stadt Hannover vor der Eroberung durch braunschweigische Truppen. An diese mutige Tat will die Stadt Hannover und der Heimatbund Niedersachsen e.V. mit dem jährlich zu vergebenden Preis “Cord-Borgentrick-Stein” erinnern. Der Preis wurde von der Heimatbund-Gruppe “Döhren-Wülfel Im Kleinen Freien”  angeregt. Er wird jährlich seit 2008 in einem feierlichen Rahmen, im Gartensaal des neuen Rathauses am 24. November des Jahres vergeben.

Cord-Bogentrick-Stein o. Name

Eine Steinfliese mit dem Namen des Preisträgers wird im folgenden Frühjahr in die Rasenfläche am Döhrener Turm eingesetzt.

Weitere Informationen bei “Hannovers Kleinen freien hier –>

Veranstaltungsreihe “Bunt-Wild-Frei? Hannover und die 1970er Jahre”

Die bewegten 1970er Jahre haben das Stadtbild, das Image und die politische Kultur Hannovers stark verändert und bis heute geprägt. Die Veranstaltungsreihe schaut auf einzelne Phänomene und Ereigniszusammenhänge dieser Zeit und bietet damit eine umfassende Betrachtung der Bedeutung dieses Jahrzehnts für die Geschichte Hannovers. Dabei wird der Blick häufig auch auf die 1960er und 1980er Jahre gerichtet, um langfristigere Entwicklungen erfassen zu können.

Präsentiert wird die Veranstaltungsreihe in Kooperation von Stadtarchiv Hannover, Historisches Museum Hannover, Jazz Club Hannover, Museum August Kestner, Lavesstiftung.

Programm der Veranstaltungsreihe “Bunt-Wild-Frei? Hannover und die 1970er Jahre”

Nähere Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen finden sich auch unter: Ankündigung der Veranstaltungsreihe auf hannover.de

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Hannoversche Adressbücher 1789 bis 1943 online

Das Stadtarchiv Hannover und die Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek haben in den vergangenen Jahren die hannoverschen Adressbücher als wichtige historische Quelle bis in das 20. Jahrhundert hinein digitalisiert. Die bereits digitalisierten Adressbücher sind jetzt online einsehbar und recherchierbar unter:

Hannoversche Adressbücher. Digitale Bibliothek der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek

Von 1798 bis 2004 erschien nahezu jährlich das Adressbuch der Stadt Hannover. Über mehr als zwei Jahrhunderte verzeichnete es Personen und Straßen der Stadt, gab Hilfe bei der Suche nach Handwerkern, Firmen und Behörden. Die enthalte­nen Karten, Theaterpläne und Berichte bieten heute spannende Einblicke in die Ge­schichte und das kulturelle Leben Hannovers.

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Ein Pferd bekommt Verfassungsrang: Das Niedersachsenross

Es begleitet uns heute täglich, auf Notariats-und Gerichtsschildern, amtlichen Briefbögen, Fahnenumzügen sowie auf Visitenkarten von Landtagsabgeordneten: Dasweiße Roß auf rotem Grund ist immer da­bei. Gleichwohl war es nach 1945 nicht leicht, sich auf dieses edle Tier als “Marken-und Erkennungszeichen” für alle Niedersachsen zu ver­ständigen.

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Agostino Steffani (1654-1728)

Komponist, Diplomat und Bischof von internationalem Rang

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entwickelte sich die Residenzstadt Hannover unter den Herzögen Johann Friedrich und Ernst August (seit 1692 Kurfürst) zu einem kulturellen Zentrum Deutschlands. Dies fand u.a. in der Berufung des Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz, der Anlage des Großen Gartens in Herrenhausen und der Einrichtung eines Opernhauses deutlichen Ausdruck. Die das hannoversche Musikleben in den 1690er Jahren bestimmende Persönlichkeit und eine der interessantesten Erscheinungen am hannoverschen Hof war Agostino Steffani. Unter ihm wurde Hannover für einige Jahre „eine musikalische Werkstatt Europas an der Schwelle und zur Gestaltung der spätbarocken Tonkunst“ (Lajos Rovatkay). Agostino Steffani (1654-1728) weiterlesen

Hannover wird Hafenstadt

Der Mittellandkanal verbindet das westdeutsche Binnenschifffahrtsgebiet um den Rhein über den DortmundEmsKanal mit der Elbe und dem östlichen Wasserstraßennetz. Damals wie heute ist diese längste künstliche Wasserstraße Deutschlands für den Massengütertransport unabdingbar. Sie ist zugleich ein wichtiger wasserwirtschaftlicher Faktor und eine großartige historische Ingenieursleistung. Mit dem Bau des Mittellandkanals wurde Hannover nach dem Niedergang der Leineschifffahrt erneut zur Hafenstadt. Hannover wird Hafenstadt weiterlesen

Leinhausen – Ein Blick in Hannovers „Colonialgeschichte“

Zwar ist eine „Colonie“ das Thema dieses Beitrags, die Reise führt aber nicht gen Übersee, sondern – manche werden sagen, „nicht minder abgelegen“ – in das sandige Grenzland zwischen Herrenhausen und Stöcken. Mitte des 19. Jahrhunderts begann im Königreich Hannover die Ära der Eisenbahn: von immenser Bedeutung für die Industrialisierung. Mit der Anlage von Schienensträngen und Bahnhöfen allein war es aber nicht getan. Auch für Wartung und Reparaturen galt es, Sorge zu tragen. So entstand in der Nähe des hannoverschen Hauptbahnhofs eine Werkstätte. Doch da die Stadt rapide wuchs, gab es in so zentraler Lage keinen Raum für Erweiterungen. Leinhausen – Ein Blick in Hannovers „Colonialgeschichte“ weiterlesen