Die Zeitgeschichtliche Archäologie in Europa hat sich auf materielle Hinterlassenschaften des Nationalsozialistischen Terrors und Vermächtnisse von Konflikten konzentriert. Obwohl dies wichtig ist, könnte diese Arbeit zum „Zeitalter der Zerstörung“ unbeabsichtigt Orte und Ereignisse zum Schweigen bringen, die sich dieser täglichen Zerstörung entgegenstellen. Eine Fallstudie über ein Anti-Atom-Protestdorf in Deutschland in den 1980er Jahren wird zeigen, dass Brüche im Kapitalismus dort entstehen, wo Menschen nicht nur gegen etwas protestierten, sondern wenn sie mit einer alternativen Lebensweise und Zukunftsvision experimentierten.
Das Forschungsprojekt untersucht das Protestdorf der Republik Freies Wendland mit 2000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die gegen ein nukleares Endlager protestierten und welches im Mai 1980 gewaltsam von der Polizei geräumt wurde. Heute ist es ein wichtiger Bezugspunkt für die Regionalgeschichte des Wendlandes und die Diskussion über nachhaltige Energien. In einem quellenübergreifenden Ansatz werden archäologische Untersuchungen, historische Fotografien und mündliche Überlieferungen in einer vergleichenden Perspektive interpretiert, um den Alltag im Protestdorf zu rekonstruieren und warum das Ereignis immer noch zentral für das persönliche und kollektive Gedächtnis ist. Der Ansatz liefert neue methodologische Erkenntnisse für die Interpretation von Fundstellen und Artefakten des späten 20. Jahrhunderts und ermöglichte es der Öffentlichkeit, sich an archäologischer Feldarbeit und Interpretation zu beteiligen.