Michael Kuhn: An der römischen Rheinfront um 9 nach Christus nichts Neues?!

Lesung: Michael Kuhn, Autor
Moderation: Christiane Drewes, Historischer Verein
Fachliche Kommentierung: Dr. Jörg Fündling, Althistoriker

Man könnte meinen, über die Jahre des römischen Expansionsdranges über den Rhein nach Germanien sei alles gesagt und vom Genre des historischen Romans abgegrast. Die Geschichte um den fiktiven Sextus Valerius, der den „Varianischen Krieg“ mit und überlebt hatte, belehrt uns eines Besseren. Es gibt immer noch ausreichend archäologische Denkmäler und Funde, um die herum sich plausibel zu lesende Geschichte weben lässt. Dazu zählt auch die einzige bekanntlich durch die Varusniederlage gescheiterte römische Stadtgründung, die der Leser im Verlauf der Geschichte besucht, aus dem heutigen Waldgirmes in Hessen wird im Roman die römische Augusta.
Aber nichts Geringeres als das berühmte Steingrabmal des Lucius Poblicius, Glanzstück des Römisch-Germanischen Museums Köln, ist der historische Angelpunkt für die spannungsreiche Geschichte, die in dem Roman erzählt wird. Sie geht offenen Fragen zur Person des Lucius Poblicius nach, der irgendwie zu beträchtlichem Reichtum für seinen kostspieligen Grabbau gekommen sein muss, in dessen Inschrift seine Frau eigenartigerweise keine Erwähnung findet.
Es ergeben sich insofern Fragen an die Fachwissenschaft der Alten Geschichte, ob die im Roman rekonstruierte Individualgeschichte denn schlüssig ist. Aber auch die ereignisgeschichtlich bedeutsamen Aussagen zu den politischen Verhältnissen im augusteischen Imperium gehören hinterfragt. Wichtig dabei ist die persönliche Beziehung zwischen dem Feldherrn und späteren Kaiser Tiberius und seinem Neffen, dem erfolgreichen charismatischen Feldherrn Germanicus, die auf den historischen Prüfstand gehören. Welche Rolle spielten sie tatsächlich bei der Entscheidung, die Eroberung Germaniens einzustellen?